Dienstag, 12. März 2013

Philipp-Leon Mattes - Kottayam, Indien



Praktikum bei dem Verlag Mango in Kochi, Indien vom 18.10.2012 bis 17.01.2013
 
Im Oktober war es endlich so weit und ich machte mich auf den Weg nach Indien. Von Frankfurt konnte ich, via Dubai, direkt nach Kochi fliegen, einer Stadt, die relativ nahe bei Kottayam ist, in der DC Books, ein großer indischer Verlag, seinen Firmensitz hat. Als ich dann morgens um drei Uhr  in Indien ankam, suchte ich zuerst einen Taxischalter, um zum Bahnhof zu kommen. An besagtem Schalter erlebte ich meinen ersten Schock, als 600 Rupien für die Fahrt verlangt wurden. Da ich noch in Euro - Maßstäben dachte, hielt ich es für einen unverschämt hohen Preis, wobei mir erst im Nachhinein klar wurde, dass es umgerechnet nicht einmal ganz 10 Euro waren.

Am Bahnhof angekommen, suchte ich mir einen Weg durch die Reihen von Schlafenden, die fast die gesamte Bahnhofshalle belegt hatten. Eine weitere Erfahrung, die ich machte war, dass nicht viele Informationen über die eintreffenden Züge ausgehängt waren. Nur durch Fragen erfuhr ich, auf welchem Gleis und um welche Uhrzeit der Zug eintreffen würde. Als ich dann übermüdet auf dem Bahnhof in Kochi angekommen war, war meine optimistische Einstellung nahezu verschwunden. Dieser Zustand führte dazu, dass ich nicht einmal ausprobieren wollte, ob man mich in dem Hotel erwarten würde, oder nicht. Ich fuhr mit einer Autorikshah direkt zum Verlag, in der Hoffnung, vorerst in deren, etwas teurerem Hotel, unterzukommen.

Da eine Buchmesse kurz bevorstand, die von dem Verlag organisiert wurde, war meine Ankunft etwas in Vergessenheit geraten. Einer der Zuständigen erklärte mir, dass ich in DC Books wenig Glück mit dem Praktikum hätte. Zum einen könnten nicht alle Mitarbeiter Englisch gut verstehen, zum anderen würden sie ja nur Bücher in der Landessprache Malayalam verlegen. Natürlich hatte ich bereits während meinem Studium Kurse in Malayalam belegt und auch gut abgeschlossen, doch um mit Mitarbeitern zu reden und sinnvoll in dem Verlag mitzuarbeiten, reichen sie nicht unbedingt aus.
Also sollte ich gleich am nächsten Morgen wieder zurück nach Kochi fahren und dort in dem englischsprachigen Imprint Mango arbeiten. Zumindest für die nächsten zwei Monaten, bis die Buchmesse vorbei wäre.

Also stand ich am nächsten Morgen wieder auf dem Bahnhof und versuchte in Erfahrung zu bringen, wo eigentlich mein Zug abfahren würde. Zum Glück gab es mehr als genügend freundliche Wartende, die mir halfen und alles erklärten. Übrigens sogar ein Stummer gab mir Ratschläge. In Kochi fuhr ich mit dem Taxi eine Stunde durch die Stadt, obwohl es zu Fuß nur fünf Minuten vom Bahnhof zum Mango Büro wären. Es ist nur ein kleines Büro mit fünf Mitarbeitern. Die Chefin begrüßte mich freundlich und stellte mich meinen neuen Kollegen vor. In einer Besprechung erklärte sie, dass sie mein Praktikum so sinnvoll wie nur möglich gestalten wolle. Da sie nicht wollte, dass meine lange Reise und die Kosten letztlich für mich umsonst wären, wenn ich nur gelangweilt rumsitzen würde. An diesem ersten Tag sollte ich mir aber erst einmal einen Überblick über das Verlagsprogramm machen. Da dieser Verlag nur Bücher auf Englisch publiziert, beherrschen alle Mitarbeiter fließend diese Sprache, was eine Verständigung bedeutend erleichterte. Abends fuhr ein Kollege mit mir zum Hotel und regelte, auf Malayalam, alle Formalitäten an der Rezeption. Denn am vergangenen Tag hatte mein Ansprechpartner von DC Books nicht nur geregelt, dass ich bei Mango arbeiten konnte, sondern auch noch gleich ein Zimmer für mich reserviert. Eine Besonderheit in Kerala ist, dass die meisten Busse keine Nummern besitzen, anhand der man die Linie erkennen kann. Stattdessen waren die wichtigsten Haltestellen auf Malayalam an der Windschutzscheibe angeschrieben. Deshalb wurde ich am nächsten Morgen von einem Mitarbeiter des Hotels zur Haltestelle begleitet, der mir sagte, in welchen Bus ich steigen sollte. Bei den Busfahrten lernte ich auch, dass ein Bus, der hier in Deutschland als überfüllt gelten würde, in Indien noch einige Fahrgäste mehr aufnehmen konnte. Der Trick besteht einfach darin, sich außen an die Tür zu hängen und auf der untersten Stufe einigermaßen Halt zu finden. Wobei die meisten Busse überhaupt keine Türen besaßen.

Im Verlag machte meine Chefin ihr Versprechen wahr und bezog mich wirklich in alle Aufgaben im Verlag mit ein. Ich war somit beim Lektorieren von Büchern beteiligt, beim Vergleichen von Hörbüchern, und eBooks mit ihren Printausgaben. Dazu lernte ich auch die Arbeit der beiden Designer kennen und schrieb sogar einige Artikel für die englischsprachige Zeitschrift für Kinder, die monatlich von Mango veröffentlicht wurde. Meine Kenntnisse der Designerprogramme, die ich mir dort aneignete, wurden auch vom Verlag in Anspruch genommen und ich setzte mehrere Bücher und auch eine Ausgabe der Zeitschrift. Von einem weiteren Unterschied zwischen Deutschland und Indien erfuhr ich auch erst von meiner Chefin. Es ist nämlich üblich sechs Tage die Woche zu arbeiten, anstatt fünf. Daher blieb mir nur der Sonntag, um, mich von meinem Jetlack zu erholen. Richtige Ferien gab es auch weniger, sondern die Mitarbeiter und somit auch ich, erhielten nur an den Feiertagen, aller drei wichtigen Religionen frei, zumindest meistens.

Aber es gab natürlich auch ein Leben außerhalb des Büros. Dort hatte ich vor allem mit dem Essen Probleme. Denn gerade in Kerala ist scharfes Essen die Regel. So fühlte es sich bereits beim Frühstück so an, als würde mir der Mund verbrennen. Das lag vermutlich an den ein bis zwei Chilischoten, mit denen das Curry gewürzt wurde. Zu Beginn meines Aufenthaltes bekam ich vom Hotelkoch Spezialgerichte, in denen er keine scharfen Gewürze benutzte. Leider gab es diese nur die ersten Wochen und dann auch nur abends. Da ich das schwül – warme Klima nicht sonderlich gut vertrug, verbrachte ich die meisten Sonntage damit, auszuschlafen. Dadurch ging mir leider sehr viel Zeit verloren, in der ich etwas mehr von Indien hätte sehen können, als nur das Büro, Hotel und die Straßen dazwischen. Doch die permanente Hitze, bei der man sofort in Schweiß ausbricht, wenn die Ventilatoren ausfallen, führte dazu, dass ich andauernd müde und träge war. Jetzt, im nachhinein, bereue ich, nicht noch mehr von Kerala angeschaut zu haben. Die Zeit ging sehr schnell vorbei. Am Ende bedauerte ich, dass ich schon gehen musste.

Unglücklicherweise verlief der Rückflug nicht ganz so reibungslos wie der Hinflug. Mein Flug von Kochi nach Dubai hatte Verspätung. Durch ein zügiges Tempo kam ich trotzdem noch während der Boardingtime zu meinem Anschlussflug. Doch dann, als ich mein Ticket vorlegte, wurde ich von dem Personal zur Seite gebeten und es wurde mir mitgeteilt, dass ich schon automatisch von diesem Flug gestrichen und ein Platz im nächsten Flug für mich reserviert wurde. Das bedeutete, dass ich noch einen halben Tag in Dubai auf dem Flughafen verbringen musste. Am Ende war ich um kurz vor acht in Frankfurt und um Mitternacht, nach insgesamt 25 Stunden Reise, endgültig zu Hause.

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